Viele meiner älteren Freunde denken gerne an diese Veranstaltungen zurück. Eigentlich war es keine Rallye sondern ein Volksfest zum „Fattertag“ an der Agger, organisiert von Kölnern, die auch Erfahrung mit Karneval haben. Aus ganz NRW kamen Paddler zu der Rallye aufgrund von Mund zu Mund Propaganda. Durch einen Schuss Zuschusswasser aus der Talsperre war das Paddeln eine Nebensächlichkeit. Das Wichtigste waren die Pausenplätze an denen man sich mit leckeren Sachen und einem kühlen Bierchen für den Rest der Fahrt stärken konnte. (Und über die neuesten Ausrüstungs – Entwicklungen)
Zu unserem „50 Jahren Sport Zölzer“ will ich Euch von einer Rallye vor ca. 45 Jahren erzählen.
Die Firma Zölzer war mit ihrem Bauchladen angereist, so wurde unser Auftritt auf Veranstaltungen genannt. An einem großen Pausenplatz haben wir unseren Verkaufsstand aufgebaut. Großes Interesse machten wir mit den ersten wasserdicht verschweißten Packsäcken, wasserdichten Spritzdecken und unseren farbigen Paddeljacken. Unsere Reklame damals für die Paddeljacken: Weg mit dem Grauschleier, bis dahin gab es in Paddlerkreisen nur die berühmte graue Klepperjacke.
Mit den Säcken rannten einige runter zur Agger und kamen erfreut zurück mit der Bemerkung: die sind ja wirklich dicht. Diese Säcke hatten noch am oberen Ende ein Bändchen. Die Säcke wurden zum Schließen ca. 10 cm umgelegt und sorgfältig zugebunden. Die Rollverschlüsse schwappten erst Jahre später aus den USA zu uns über den großen Teich. Bisher hatten wir Kanusportler uns mit den schweren gummierten Säcken von Wegu beholfen, die von außen sogar mit extra Luftkammern versehen waren. Bei Wegu und bei den damaligen Kanusportlern war scheinbar nicht bekannt, dass wasserdichte Behälter auch ohne zusätzliche Luftkammern an der Wasseroberfläche schwimmen. Bei den Spritzdecken war der Schacht am Teller angeschweißt, dadurch tropfte es vor allen bei den männlichen Paddlern, nicht mehr auf dessen so empfindlichen Stellen. Die Paddeljacken wurden ohne Reißverschlüsse, Armmanschetten, usw. verkauft, natürlich nicht an Ort und Stelle ausgeliefert, sondern später nach Fertigstellung den Kunden zugeschickt.
Der Lange Ernst und der Stille Ernst, die sich über die Grenzen von Köln bekannt gemacht hatten, durften nicht fehlen. Der Stille Ernst hat sich extra für die Agger seinen selbstgebauten Kanadier mitgebracht, der von vielen Freunden bewundert wurde. Auch meine damalige Frau Ulla war unter den Bewunderern, sie durfte sich sogar ins Boot setzen. Aber nicht ohne Warnungen der Freunde, dass Weiber im Boot nur Unglück bringt. Ulla war für den Ernst eine wichtige Person, die ihn günstig mit Nähgarn, Nahtbändern, Zeltstoffen, Ösen und Haken, etc., für seine Bastelarbeiten versorgte. Wer sich Jahrzehnte im Sommer in Skandinavien herumtreibt, muss sich seine Ausrüstung selbst herstellen.
Auf die Gefahr muss ich hier kurz eingehen, wäre sie doch beinahe eingetreten: Der liebe Stille Ernst war mal wieder mit einem Kajakfahrer im hohen Norden Lapplands auf einem unbekannten Fluss unterwegs. Nach einer Flussbiegung hatten Sie eine weiße Wand vor sich, die Gischt eines Wasserfalls. Der Kajakfahrer mit seinem wendigen Boot konnte sich schnell ans Ufer retten. Der Stille Ernst mit seinem etwas behäbigeren Boot rauschte mit einer prächtigen Strömung dem Unheil entgegen. Eine winzige Insel kurz vor der Abbruchkante rettete ihm höchstwahrscheinlich das Leben. Wenn er später nach dem Zwischenfall gefragt wurde, wie das wohl ausgegangen wäre, ohne die Insel, antwortete er trocken: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, sonst kann ich vielleicht nicht mehr ruhig schlafen.
Zurück zur Agger. Als Junggeselle hatte unser liebe Stille Ernst auch was für nette Mädchen über. Um sich bei denen anzukötteln hatte er sich ein Flachmann Pfefferminzlikör mitgebracht. Dieser steckte in einer Tasche an seinem Popo. Die Flasche hatte der Lange Ernst entdeckt und mit Freunden, die den Armen ablenkten, entwendet. Zum Wegschütten war dem Langen Ernst das Zeug zu kostbar, also hat er es kurzerhand ausgetrunken und die Flasche mit Aggerwasser gefüllt. Die Freunde waren wieder hilfreich um die Flasche an ihren Platz zu befördern. Erst als die dritte Lady das Aggerwasser ausspuckte dämmerte es dem Stillen, dass mit dem Inhalt etwas nicht stimmen konnte.
Der Lange Ernst hatte mit dem Zuckerwasser eine gute Grundlage für einige Kölsch. Seine Freunde betteten ihn später auf einer Terrasse an der Agger um den Rausch auszuschlafen.
Der Stille Ernst und der Lange Ernst sind zwischenzeitlich in die ewigen Jachtgründe gewechselt. Beim Stillen Ernst ist es sehr still geworden. Vom Langen Ernst gibt es ein Buch über seine Heldentaten, in dem sein Freund der Stille auch öfter erwähnt wird. Das Buch ist zu beziehen über uns oder über die Firma Gatz-Kanu, bei der seine Tochter Ute im Verkauf tätig ist.
Heinz Zölzer
Essen, Mai 2018