Du stehst mitten im Leben, hast einen bomben Job und machst Dir Gedanken, Deine schöne Freizeit noch schöner zu gestalten. Du willst im Kanuwandersport einsteigen. Dazu möchte ich Dich aber auf eine Menge Dinge aufmerksam machen, die Du zu beachten hast.
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Das nackte Boot kostet 1000 bis 2000 €, dazu kommt dann noch das Zubehör Spritzdecke, Paddel, Steuer, Schwimmweste, Lukendeckel, Paddeljacke, wasserdichte Behälter, etc. Noch einmal mindestens einen halben Tausender.
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Dann wohin mit dem guten Stück? Die Garage ist zu klein geplant oder mit zu viel Krempel zugestopft. Kommt also nur ein Verein in Frage. Die liegen aber alle meist abseits im Grünen und haben nur selten einen Bootsplatz für neue Mitglieder zur Verfügung. Die vorhandenen werden von den Booten der alten Säcke blockiert, die zuletzt vor Jahren ihren Nostalgiedampfer benutzten. Du kommst also auf die Warteliste bis einer von den alten Herren abkratzt. Da die meisten Vereine vor Jahrzehnten gegründet wurden, zu einer Zeit als noch nicht an Autos gedacht wurde, gibt es bei den meisten Vereinen nur wenige Parkplätze. Diese sind dann für den Vorstand des Vereins reserviert Du musst mit Fahrrad anreisen oder einen langen Fußweg vom öffentlichen Parkplatz einplanen.
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Irgendwann willst Du ein anderes Gewässer aufsuchen. Dann musst Du erst einmal das Fahrtenprogramm vom DKV studieren, ob Du auf deinem Traumgewässer überhaupt fahren darfst. In der Fahrtenprogramm- Broschüre sind auf 40 Seiten die deutschen Gewässer aufgeführt, auf denen man nicht mehr einfach drauf rumschippern darf. Die Regelungen unserer Nachbarstaaten findest Du im Internet
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Ja und jetzt zum Autodachträger. Bei Deinem Fahrzeugkauf war der Kanusport europaweit ja noch nicht eingeplant. Mit den zwei Holmen, die Du als „Bonbönchen“ beim Kauf kostenlos dabei bekamst, kommst Du nicht weit. Vielleicht willst Du Dein Schmuckstück auf Dein Wohnmobil mitnehmen und weist nicht wie Du das viel zu schwere Boot darauf bekommst. Auf jeden Fall bist Du wieder einen Tausender für eine halbwegs vernünftige Lösung los. Belästige aber nicht den einschlägigen Sportfachhandel, sondern frag den Deutschen Kanuverband, die haben die beste Erfahrung mit Dachträgern.
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Da Deine Traumgewässer alle reglementiert sind, willst Du zur See ausweichen. Insbesondere die Nordsee reizt Dich, die Ostsee ist Dir zu weit weg und zu lahm.
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Wenn Du alleine auf See gehen willst, dann empfehle ich Dich die erste Fahrt von
Meßmersiel nach Baltrum, nach Möglichkeit bei Hochwasser. Dann sind die Bojen harmlos und Du kannst die paar km direkt auf den Hafen zusteuern. In Meßmersiel, neben den Jachthafen, kannst Du bequem einsteigen und auch im Hafen von Baltrum kannst Du an der Slipanlage gut aussteigen. Am Kiosk auf Baltrum kannst Du sofort Deine erste Seeheldentat mit einem Bierchen begießen, das Du mit der eingesparten Kurtaxe bezahlst.. Dann marschierst Du zum Ort und von da zum Badestrand ins Strandkaffee. und bestellst Dir eine Portion Wattwürmer. Damit kannst Du dann zuhause bei Deinen Lieben angeben und Empfindlichen das Gruseln beibringen. Beim Blick über den Strand wirst Du feststellen, dass die richtige Nordsee mit der geringen Brandung gar nicht so schlimm aussieht. Zurück zum Hafen wirst Du feststellen, dass das Wasser um einiges gesunken ist. (hier gefallen genannt) An der Slippanlage kommst Du aber noch gut wieder ins Boot. Auf der Rückfahrt musst Du jetzt in der Fahrrinne fahren sonst fährst Du Dich auf irgend- einem Sand fest. (in Segelkreisen trocken fallen genannt).Die Fahrrinne geht erst auf Norderney zu. Dort kannst Du die Köter, (hier Seehunde genannt) bewundern, die auf der Ostecke faulenzen Solltest Du die Mistviecher ins Wasser locken, dann sei vorsichtig, manchmal sind welche dabei, die in Aufzuchtstationen fit gemacht wurden. Die sind sehr anhänglich und wollen spielen, zum Beispiel mit deinem Paddel. Wenn daraus ein Stück gebissen wird, musst du den Rest der Strecke im Canadierstil fahren.
Da Du jetzt gegen den Strom fahren musst und die Fahrrinne schmal ist, fährst Du von Tonne zu Tonne . Vor den Dämmen zum Hafen bildet sich immer ein Haufen Sand und Matsche. Damit da keiner drauf fährt und schon von weitem die Untiefe zu erkennen ist, hat man rundum Bäume gepflanzt. Im Hafen steigst Du bei den Seglern auf den Schwimmstegen aus, alles andere ist matschig. Sollte einer meckern, sag Du bist ein Bekannter vom Ulli..
Deine nächste Fahrt machst Du von Neuharlingersiel nach Spiekeroog. Da Du da auf Experten von der Salzunion stößt, bereitest Du Dich darauf etwas vor.
Du leihst Dir irgendwo eine Eskimolatte, kaufst Dich eine Seekarte und einen Tidenkalender, legst vor der Sitzluke ein paar Flaschen Wasser unters Netz und trägst einen Südwester, auch wenn die Sonne scheint. Einen Taschenrechner solltest Du auch mitnehmen, da oft Entfernungen in sm (Seemeilen) angegeben werden. Hab Du mal eine Vorstellung wie weit 13,7 sm sind. Außerdem richtest Du Dich auf eine Nacht im Zelt auf dem dortigen Zeltplatz ein. Der Zeltlatz liegt direkt oberhalb des Strandes an der Westküste von Spiekeroog.
Vielleicht wirst Du schon auf der Fahrt nach Spiekeroog von einigen Seekajakfahrern begleitet. Aber auf dem Zeltplatz stößt Du garantiert auf einige Experten. Bei einem kühlen Blonden werden sie Dir einiges über eine vernünftige Ausrüstung erzählen, wenn Du richtig im Seekajaksport einsteigen willst. Damit Du nicht alles aufschreiben musst, hier schon mal ein paar Empfehlungen: Richtige Seekajaks können nur die Engländer bauen, die deutschen Bootsbauer kriegen kein vernünftiges Boot aus ihren Formen. Das Boot muss mindestens 5,5 m lang, 50 cm breit , lange Nase mindesten 50 cm lang, 4-fach abgeschottet und mit den 30 cm Durchmesser Valley- Lukendeckeln ausgerüstet sein, Einstiegsluke nicht über 60 cm.
Nur die kreisrunden Valley- Lukendeckel sind auf Dauer richtig dicht. Die Fahrtenausrüstung musst Du dann etwas anpassen. Der Kocherhersteller Trangia hat extra für diese Luke einen kleinen Kocher im Programm, der da genau rein passt. Für eine anständige Mahlzeit ist der zwar etwas klein, aber für den Morgentee und eine Tütensuppe von Aldi reicht der allemal.
Die Einstiegsluke wird mit einer anständigen Neopren - Spritzdecke versehen. Die Scheiß PVC-Decken dichten am Süllrand und Körper nie richtig ab. Es ist auch einfach zu verstehen, dass auch hier wieder eine kleine Luke besser dicht zu kriegen ist als eine große.
Wenn das Boot zu wackelig ist, dann stattet man es mit Stützrädern von dem Laden in Essen aus. (dort Stabilisatoren genannt) Die Luft darin kann Du dann langsam nach und nach ablassen, wenn Du dich an die wackelige Kiste gewöhnt hat.
Um Gottes Willen keine Steueranlage, gesteuert wird mit den Arschbacken. Aber Kentern gehört bei diesen schmalen Booten auch nach der Gewöhnung zur Tagesordnung, daher muß eine Pumpe eingebaut und ein Trockenanzug getragen werden, auch Ganzkörperkondome genannt. Da die Reißverschlüsse sich auf dem Rücken der Anzüge befinden, kann man den nicht alleine anziehen. Den Reißverschluss muss immer ein Partner auf und zu machen. Aus dem Grund sind Alleinfahrten auf See schon ausgeschlossen. Da die Anzüge ein mächtiger Haufen Stoff sind, trägt man den Anzug auch wenn es warm in der Mittagszeit geworden ist. Der Anzug würde höchstens auf Deck einen Platz finden, wenn da nicht schon anderer Krempel verzurrt ist. Bei einem Besuch im Laramie (Stammkneipe der SU) schmeiß mal ein paar Runden, dann wirst du noch vieles über das Paddeln auf See erfahren.
Wenn Du einen Ausflug rüber nach Langeoog planst 3 bis 4 Stunden nach Hochwasser, wenn die meiste Brühe aus dem Watt kommt, wird Dir vielleicht auch einer den Winkel nennen, den du gegen die Strömung halten musst, damit Du Dich nicht auf der Nordsee weit draußen wieder findest.
Diese Zeilen hat einer geschrieben, der mit dem Faltboot nach Helgoland gepaddelt ist, als man in Deutschland von Seekajaks und die Salzunion träumte und die Engländer nicht wussten, dass Ihre Insel auch vom Wasser umgeben ist, auf dem man eventuell paddeln kann.